Ein Ehrenamt im Porträt

Ein seitenfüllendes Porträt in einer Tageszeitung, die mehr als eine halbe Million Leser pro Ausgabe erreicht – das allein genommen ist schon ein Ereignis. Aber im Fall von Susanne Kuznik von der Plan-Aktionsgruppe Bremen-Lilienthal kommt noch hinzu, dass nicht die Redaktion die Veröffentlichung veranlasst hat: Die Leser durften entscheiden. Sie haben die für Plan ehrenamtlich Engagierte auf die dritte Seite der Montagsausgabe des Weser Kuriers gewählt. Und das kam so:

Das Porträt erschien in Bremen und Niedersachsen unter dem Titel „Etwas Gutes tun – eine Welt für sich“. Zuvor hatte es sich gegen andere Themen durchgesetzt (s. Bilder unten). Denn jede Woche schlägt der Weser Kurier mehrere Themen vor, woraufhin seine Leser darüber abstimmen, welcher Vorschlag die Seite 3-Geschichte des kommenden Montags wird. Von der Redaktion vorgeschlagen wurde Susanne Kuznik, weil ihr jahrelanges Engagement für Plan sie in der Region bekannt gemacht hat. In den Lokalteilen des Weser Kuriers erscheinen regelmäßig Berichte über ihre Aktionsgruppe Bremen-Lilienthal.

Nun kommt das Porträt der „ehrenamtlichen Helferin eines Kinderhilfswerks“ hinzu, das unten nachgelesen werden kann. Es fragt nach Motiven, versucht Ehrgeiz und Alltag einer unermüdlich Engagierten zu ergründen. Eine Antwort darauf liefert aber auch ein Satz, den uns Susanne Kuznik am Dienstag freudig ins Plan-Büro schrieb:

„Habe gerade telefonisch 2 Patenschaften aufgrund des Artikels abgeschlossen :-)“.

 

Hier die Wahlvorschläge, das verkündete Ergebnis und der fertige Artikel:

 

Und hier das Porträt zum nachlesen (erschienen am 8. November 2010 im Weser Kurier):

Etwas Gutes tun – eine Welt für sich

 

Es gibt Tage, da sei sie ganz unten, sagt Susanne Kuznik. Dann werde es ihr einfach zu viel, das freiwillige Engagement. Doch dann, als habe sie jemand erhört, klingelt plötzlich das Telefon. Ein Anrufer fragt nach einer Kinderpatenschaft, und Kuznik wird wieder zu der Frau, die sie sein möchte und die sie ist: hochmotiviert für den guten Zweck.

VON YVONNE NADLER

 

Seit knapp 20 Jahren engagiert sich die 57-Jährige für das Kinderhilfswerk Plan International. Bereits das Klingelschild an ihrem Reihenhaus in Lilienthal sieht eher aus wie das eines Büros. Plan steht dort in blauen Buchstaben. „Inzwischen ist aus der Wohnung eine kleine Firma geworden“, sagt Kuznik, bevor sie flink die Treppe zum Wohnzimmer hinaufgeht. Auf dem Teppich sind Ohrringe aus Federn ausgebreitet, Armreifen aus kleinen Perlen liegen daneben. „Das ist für einen Wintermarkt“, erklärt Kuznik, während sie am Esszimmertisch Platz nimmt. Die Nacht zuvor hat sie bis 2 Uhr gearbeitet. Werbung organisieren, Finanzpläne erstellen, Emails schreiben – für die ehrenamtliche Helferin gehört das zur Routine. Was mit einer Kinderpatenschaft begann, ist mittlerweile zu einer Vollzeitbeschäftigung geworden.

1992 übernahmen Kuznik und ihr Mann Dieter ihre erste Patenschaft für den neunjährigen Luis aus Ecuador. Kuznik hatte damals eine Anzeige in der Zeitung gesehen. „Unseren beiden Kindern ging es sehr gut, warum nicht ein bisschen Gutes für ein drittes tun?“, erzählt die zweifache Mutter. Bis heute haben sie und ihr Mann fünf Patenschaften abgeschlossen.

 

Schlüsselmoment Konzert

Als Mitglied eines Chores hatte Kuznik 2001 die Idee, ein Benefizkonzert zugunsten von Plan zu organisieren. Noch heute strahlen ihre blauen Augen, wenn sie davon erzählt: Standing Ovations, eine Spendensumme von 3500 Euro. „Das war wie ein Traum“, sagt Kuznik. Für die 57-Jährige war das Konzert ein Schlüsselmoment. „Wie Lunte riechen“, sagt sie lachend. „Dass ich als gelernte Finanzbuchhalterin so etwas auf die Beine stellen kann, hätte ich nie für möglich gehalten“, meint sie und nimmt einen großen Schluck von ihrem Fairtrade-Tee. Von einem Tisch aus blicken große dunkle Kinderaugen herüber.

Das Mädchen ist Motiv eines Plakates, Werbung für eine Benefizveranstaltung am 20. Februar 2011. Das bevorstehende Konzert in der Kirche Unser Lieben Frauen ist das sechste, das Kuznik zugunsten des Kinderhilfswerkes veranstaltet.

Kuznik engagiert sich in Lilienthal in einer sogenannten Aktionsgruppe. 2002 hat sie sie selbst gegründet. Längst ist die 57-Jährige zur inoffiziellen Leiterin des Zusammenschlusses aus zehn Frauen geworden. Die Patenschaften sind ein Teil des gemeinsamen Einsatzes.

Manchmal wünscht sich Kuznik, dass sie mehr Zeit für Kontaktpflege hätte. Luis, ihr erstes Patenkind, ist längst erwachsen –  und damit auch die Patenschaft beendet. „Er ist Farmer geworden“, sagt Kuznik. Neulich hat sie den Ordner, in dem sie seine und ihre Briefe gesammelt hat, weggeworfen.

„Man muss sich auch trennen können“, sagt sie. Das leichte Zittern ihrer Stimme verrät, dass ihr so etwas nicht leicht fällt. Was ihr bei Luis nicht gelang, schaffte sie bei ihrem zweiten Patenkind. Yesenia: 2004 besuchte sie das kleine Mädchen in der Dominikanischen Republik. Für Kuznik war es einer der bewegendsten Momente ihres Engagements. Tränen schießen ihr in die Augen, wenn sie von dem Treffen erzählt.

Ein Moment hat sich bei ihr besonders eingebrannt: „Als Yesenia ein Buch nahm  und daraus vorlas“, sagt Kuznik. Damals hatte sie dieses Gefühl: mit kleinen Schritten
etwas voranzubringen. „Das macht stolz“, sagt die 57-Jährige. „Man kann nicht die ganze Welt retten. Aber man kann einigen wenigen helfen.“ Aus Kuzniks Mund klingt das fast wie eine Beruhigungsformel.

Doch die ist schnell vergessen, wenn sie über das große Ganze spricht: „Weil wir Viktoria-Barsch kaufen, müssen Menschen aus Afrika Fischabfälle essen“, regt sich Kuznik auf. Auch als sie vom Sextourismus in Thailand erzählt, überschlägt sich ihre Stimme fast: „Das macht mich wütend“, sagt sie. „Eigentlich müsste man jeden Tag auf die Straße gehen und protestieren.“ Es ist vor allem Kuzniks ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, der sie antreibt. „Wir in Deutschland sind reich“, sagt sie. „Ich finde, wir haben eine Verpflichtung, etwas abzugeben.“

 

Benefizveranstaltungen für Projekte

Das Spendengeld der Patenschaften kommt vor allem den Gemeinden zugute, in denen die Kinder leben. Dass man den Leuten „nicht nur Geld, sondern auch Input“ gibt, gefällt Kuznik besonders. Gezielt sucht sie sich Projekte heraus, die sie mit Benefizveranstaltungen unterstützt. Ein Brunnenprojekt in Guinea zum Beispiel: Im Jahre 2004 gelang es dem Aktionsbündnis
Lilienthal, Spendengelder für insgesamt acht Brunnen in verschiedenen Gemeinden zu sammeln. Auch dafür, dass Mädchen aus Ghana Schulstipendien bekommen, oder für Malariabekämpfung in Sierra Leone setzt sich Kuznik ein.

„Ich bin ein Mensch, der 100000 Ideen hat“, sagt sie. Manchmal falle es ihr sehr schwer abzuschalten. Morgens, wenn sie die Zeitung aufschlägt, abends, wenn sie Arte schaut, fällt Kuznik etwas Neues ein. Mal ist das eine Kunstauktion für den guten Zweck, wie sie sie 2002 in Worpswede realisierte. Es kann aber auch einmal ein Weltrekord sein, den Kuznik auf die Beine
stellt – wie eine siebeneinhalb Kilometer lange Schlange aus Klopapierrollen, die sie von Kindern in Einrichtungen zwischen Lilienthal  und Borgfeld bemalen ließ.

Wenn Kuznik von ihren bisherigen Erfahrungen erzählt, springt sie zwischen den Kontinenten hin und her. Von Afrika nach Asien, von Asien nach Afrika. Manchmal geht es um Fernsehbilder, manchmal auch um persönliche Erlebnisse. Ihre Uganda-Reise zum Beispiel: 2007 fuhr sie mit der Lilienthaler Aktionsgruppe in das afrikanische Land. In Tororo, drei Autostunden östlich
der Hauptstadt Ugandas, besuchte die Lilienthalerin Kinder, die durch Aids zu Vollwaisen geworden waren. Auch einer Schule, die mit Spendengeldern 2007 fertiggestellt  wurde, stattete Kuznik einen Besuch ab. „So etwas kann man nicht vergessen“, sagt sie, während ihr Finger über eines der Fotos dieser Reise gleitet. Behutsam blättert Kuznik die Seiten des Albums
um. „Manchmal habe ich mich dort auch geschämt. Man kommt da ja auch als Gönner an“, sagt sie und schweigt.

 

Viele sind äußerst hilfsbereit

Plötzlich klingelt das Telefon, und Kuznik ist wieder in Lilienthal. Acht Kuhspardosen möchte die Anruferin bestellen. Kuznik verkauft sie für ein Projekt in Äthiopien. Von dem Erlös werden Milchkühe für Familien gekauft. 96 sind es bisher gewesen. Das gemeinnützige Unternehmen Kuznik läuft gut. Mehrere Einzelhändler kooperieren.

„Man wundert sich manchmal, wie hilfsbereit alle sind. Das ist schon eine Welt für sich: etwas Gutes tun“, sagt die ehrenamtliche Helferin. Manchmal jedoch stößt sie  auf Widerstand: Dass das Geld ja sowieso nicht ankomme, ist einer der Vorwürfe. Kuznik äfft den spöttischen Ton der Kritiker nach. Sie zeige dann ihr Fotoalbum – „als Beweis“, sagt sie.

Transparenz ist der Ehrenamtlichen wichtig. Für alles, was sie verkauft und einnimmt, legt sie Listen an. Als „pingelig“ beschreibt sie sich selbst. Wie viele Aktionen Kuznik mittlerweile veranstaltet hat, weiß sie nicht mehr. Doch eine Zahl kennt sie genau: 154.892,64. Diese Summe, in Euro, konnte die Aktionsgruppe Lilienthal bisher an Plan überweisen. Die Aufmerksamkeit,
die sie dafür bekommt, scheint Kuznik etwas unangenehm zu sein. Auch daran, dass es lohnend sein kann, sich um Öffentlichkeit zu bemühen, musste sie sich erst gewöhnen. „Tue Gutes und rede darüber. Irgendwann habe ich gemerkt, dass es zusammengehört“, sagt die 57-Jährige.

Dann kommt sie auf das Thema Vorbilder zu sprechen und berichtet von Prominenten, großen Namen – wie Ulrich Wickert und Senta Berger –, die sich für Plan stark machen. Ob auch sie ein Vorbild sei, darüber fällt kein Wort. Dabei ist auch sie für viele längst ein Gesicht des guten Zwecks. Zwar nicht deutschlandweit, aber zumindest in Lilienthal.

 

Kinderpatenschaften bei Plan
Plan International ist als eines der ältesten
Kinderhilfswerke in 48 Ländern Asiens,
Afrikas und Lateinamerikas tätig. Es setzt
auf nachhaltige Selbsthilfeprojekte, die aus
Ideen und Anregungen von den betroffenen
Kindern entstehen. Finanziert werden
die Projekte hauptsächlich über Patenschaften
sowie über Einzelspenden und öffentliche
Mittel. Die Spendengelder kommen dabei
nicht den Kindern direkt, sondern den
Gemeinden zugute, in denen sie leben.
Plan Deutschland betreut 300000 Kinderpatenschaften
und erreicht so in den Programmgebieten
über zwei Millionen Menschen.
Das Kinderhilfswerk ist Träger des
DZI-Spenden-Siegels. Mit 25 Euro im Monat
kann man eine Patenschaft beschließen.
Ein direkter Briefkontakt kann, muss aber
nicht zustande kommen. Ein Jahresbericht
der Mitarbeiter vor Ort informiert die Paten
über den Fortschritt der Projekte. Der
letzte Bericht kommt, wenn das Kind 18 ist.
Dann endet die Patenschaft offiziell. Wer
an der Unterstützung von Projekten oder einer
Patenschaft interessiert ist, wendet sich
an die lokale Aktionsgruppe in Lilienthal.
Ansprechpartnerin ist Susanne Kuznik, Telefon:
042 981323, Email-Adresse: Susanne-
Kuznik [at] t-online [dot] de. Weitere Infos unter:
www.bremen.plan-aktionsgruppen.de

10 Kommentare zu “Ein Ehrenamt im Porträt”
    Susanne sagt:

    Weitere Freude!

    Gerade > 12.11. rief mich eine Dame aus Bremen an.

    Aufgrund des Artikels hat sie sich nun entschlossen eine Patenschaft für ein Mädchen in Afrika zu übernehmen 🙂

    LG Susanne

    Liebe Susanne,
    großartig – einfach großartig! Ein toller Artikel für eine wunderbare Frau. Sehr einfühlend und lebendig geschrieben – Kompliment auch an die Verfasserin.
    Das entschädigt doch für so manche Mühe und niemand hat dies mehr verdient als DU.
    Ich freue mich mit Dir und natürlich über die neu gewonnenen Patenschaften.

    Alles Gute weiterhin und vor allem Gesundheit, damit dir die Kraft auch immer ausreicht für Deine ganzen Ideen…
    Edeltraud

    Mara sagt:

    wow . . . was für ein Artikel !!!!

    Er ist authentisch – eben 100% DU

    Klasse, liebe Susanne – da haben sich die Telefonkosten doch gelohnt 😉 🙂 😉

    Nein – im Ernst : du kannst wirklich stolz auf deine PLANarbeit sein – diese Anerkennung hast du dir verdient.

    viele Grüße aus der PFALZ 🙂

    Angela Hänle sagt:

    Gratulation nach Bremen

    Solche Pressestimmen mit solch einer Riesenauflage wünscht man sich eigentlich in den schönsten Träumen für die Planaktivitäten.

    Herzlichen Glückwünsch liebe Susanne

    von der AG Biberach, Angela

    Chris Camara sagt:

    Liebe Susanne,

    wie schön, dass endlich einmal so richtig öffentlich gewürdigt wird, was du alles für die Kinder dieser Welt (und natürlich deren Familien) , aber auch für Plan und das Ansehen des Kinderhilfswerkes leistest. So tolle Werbung bekommen die in der Auflage so schnell nicht wieder 🙂
    Ich freue mich riesig mit dir über diesen klasse Artikel und gratuliere dir von Herzen.

    Ganz liebe Grüße

    Chris

    Liebe Susanne,

    was für ein schöner und anerkennender Artikel, der dich und deine wirklich unermüdliche Arbeit so umfassend und lebendig würdigt!!!

    Ich gratuliere dir von ganzem Herzen und wünsche dir, dass die Plan-Arbeit nie über deine Kraft hinaus geht.

    Liebe Grüße,
    Claudia

    sylke sagt:

    Liebe Susanne!
    Eigentlich kann ich mich nur den anderen Kommentaren anschließen. Toll,dass dein großes Engagement so noch bekannter wird. Auch ein großes Dankeschön an deinen Mann, der dich immer unterstützt und ohne den manche Aktion nicht möglich gewesen wäre.Macht weiter so.
    liebe Grüße Sylke

    Bianca sagt:

    Hallo nach Lilienthal,

    super schöner Artikel und super was Euere AG alles macht.
    Gerade die beiden einleitenden Sätze……spiegeln unsere aktuelle Situation wieder……aber wenn wir (leider sehr wenige geworden) wieder eine erfolgreiche Aktion hinter uns haben, dann sind wir wieder frisch motiviert….

    Liebe Grüsse und weiterhin viel Erfolg in Bremen
    Bianca
    AG Bonn/Rhein-Sieg

    Susanne sagt:

    Liebe Planis,

    unglaublich gerührt danke ich Euch sehr herzlich für soviel nette Worte und Kommentare.

    Ich bin – ausnahmsweise mal – sprachlos 😉

    Für alle anstehenden Aktionen wünsche ich Euch
    von ganzem Herzen viel Erfolg, Lust und Freude an der Plan-Arbeit, positive Feedbacks und dass wir als ehrenamtliche Planis das westafrikanische Sprichwort

    „Viele kleine Menschen – an vielen kleinen Orten – können viele kleine Dinge tun – und das Gesicht dieser Welt verändern.

    mit Herz und Seele in die Tat umsetzen.

    ganz liebe Grüße Susanne

    Irmi Neubert sagt:

    Liebe Frau Kuznik,

    ich habe mich riesig über den tollen Artikel gefreut und darüber, dass Ihre Arbeit so gewürdigt wird.
    Toll, dass schon neue Patenschaften zustande kamen. Das rührt mich sehr.
    Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Kraft für Ihre weitere Arbeit.

    Herzliche Grüße
    Irmi Neubert

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