Weltwassertag: AG-Reise zum Projekt „Sauberes Wasser für Ghana“

von wtebbe

Anlässlich des Weltwassertages der UN am 22. März, hier der ausführliche Bericht der AG-Reise zum Projekt „Sauberes Wasser für Ghana“ von Eli Hamacher, inklusive Fotogalerie:

Stolz präsentiert Emmanuel Boadu der Reisegruppe aus Deutschland das Haus und stellt seine Familie vor. Vis à vis vom Eingang hat der Vater von vier Kindern in einem kleinen Häuschen aus Beton eine Toilette einbauen lassen, davor ein „Tippi Tap“ installiert, eine pfiffige Konstruktion aus Stock, Seil und mit Wasser gefüllter Flasche, um sich die Hände waschen zu können. Nur wenige Meter entfernt kann die Familie an einem neuen Brunnen mit Handpumpe Wasser holen. Damit geht es Boadu deutlich besser als vielen seiner Landsleute. Nur 66 Prozent der ländlichen Bevölkerung haben im westafrikanischen Ghana Zugang zu Trinkwasser und lediglich neun Prozent verfügen über Sanitäranlagen. Das an Rohstoffen wie Gold, Rohöl und Kakao reiche Land gehört zwar zu den wachstumsstärksten in Afrika. „Und dennoch haben viele Menschen am wachsenden Wohlstand nicht teil“, sagt Solomon Tesfamariam, Landesdirektor von Plan Ghana. Mit dem Projekt „Sauberes Wasser für Ghana“ will Plan International Deutschland die Versorgung in Gemeinden und an Schulen verbessern.

 

Um sich vor Ort anzuschauen, wie die durch Spenden, Patenschaften und öffentliche Mittel finanzierten WASH-Projekte den Alltag der Menschen verändern, reisten acht AG-Mitglieder gemeinsam mit den AG-Koordinierenden Helge Ludwig und Monika Sußner sowie Anke Schmidt und Lisa Böhm aus der Paten- und Spenderbetreuung Mitte Februar für eine Woche nach Ghana. Seit 20 Jahren bietet Plan International seinen ehrenamtlich Engagierten eigenfinanzierte AG-Reisen an, in diesem Jahr zum sechsten Mal. „Auf Reisen mit Plan International schaut man hinter die Kulissen und erfährt, wie die Bevölkerung wirklich lebt und was deren Probleme sind“, sagt Conny Steigleder von der AG Erlangen, die schon zum zweiten Mal mitreiste.

 

Von der Hauptstadt Accra muss man nur rund 100 Kilometer fahren, um die Welt mit anderen Augen zu sehen. Am Ortseingang von Mintakrom weist ein großes Schild darauf hin, dass in dieser Gemeinde die offene Defäkation verboten ist, sprich die 1000 Einwohnerinnen und Einwohner nutzen Toiletten und nicht die Felder. Vor drei Jahren hätten nur fünf Haushalte in Mintakrom eine Latrine gehabt, heute hätten fast alle eine, berichtet Boadu, der ein Komitee leitet, das die Gemeindemitglieder in nachhaltigem Wasser- und Sanitätsmanagement schult. Unterstützt wird er von Gesundheitsclubs in den Schulen, in denen die Mädchen und Jungen ihre Mitschülerinnen und Mitschüler über die Bedeutung von Körperhygiene und den hygienischen Umgang mit Lebensmitteln aufklären. Know-how, das Leben retten kann. Denn die schlechte Sanitärsituation, mangelnde Hygiene und unsauberes Wasser führen zu Krankheiten und nicht selten zum Tod. 59 von 1000 Kindern sterben in Ghana, in Deutschland sind es gerade mal vier.

In Mintakrom erklären große Plakate an Schul- und Hauswänden in Wort und Bild, wie man seine Hände richtig wäscht. Vor den Klassenräumen hat Plan Waschstationen, so genannte „Teckytaps“, installiert. Das in einer großen Blechtrommel gespeicherte Wasser bringen die Kids mit Tritten auf ein Fußpedal zum Laufen.

Zusätzlich sorgen die neuen von Plan gemeinsam mit den Wasserkomitees errichteten Sanitäranlagen für bessere Hygienestandards. Damit das Wasser dauerhaft fließt, kassieren an den Brunnen ältere Dorfbewohnerinnen einige Cedis (lokale Währung) pro Eimer. Einnahmen, die die Komitees gemäß dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe mit ihren eigens geschulten Mitgliedern nutzen, um die neue Infrastruktur instand zu halten: die mit Handpumpen betriebenen, aber auch teilmechanisierten Brunnen, die Filtersysteme zur Reduzierung des Eisengehaltes ebenso wie die Sanitäranlagen.

„Seitdem Plan das Wasser in die Gemeinden geholt hat, verbringen junge Mädchen mehr als 70 Prozent weniger Zeit damit, Wasser für ihre Familie zu organisieren“, sagt William Domapielle, Projektmanager von Plan Ghana. Zeit, die sie für den regelmäßigen Schulbesuch nutzen können. Denn zuvor haben sie täglich mehrere Stunden damit verbracht, Wasser außerhalb des Dorfes zu holen. Das war nicht nur körperlich extrem anstrengend, sondern auch wegen drohender Vergewaltigungen gefährlich. Die nach Geschlechtern getrennten Toiletten und Waschräume bieten den Mädchen jetzt zudem mehr Privatsphäre und bessere Hygienestandards, sodass sie auch während ihrer Menstruation die Schule besuchen können.

 

Die Gleichberechtigung der Mädchen liegt auch AG-Mitglied Barbara Bellino ganz besonders am Herzen. „Ich engagiere mich bei Plan, weil mit der Kampagne Girls Get Equal die Gleichberechtigung von Mädchen gefördert wird. Dafür kämpfen auch die Plan-Mitarbeitenden vor Ort an der Front und können direkt durch ihre Projekte etwas ändern. Das motiviert mich sehr, wenn ich in Deutschland für Plan Spenden sammle.“

Wie gut das von Plan International Deutschland in das Wasserprojekt investierte Geld – bis Oktober 2021 werden es insgesamt 3,73 Millionen Euro sein – angelegt ist, konnte am besten Helge Ludwig beurteilen. Bereits vor drei Jahren hatte der AG-Koordinator mit AG-Mitgliedern Mintakrom besucht. „Wir konnten vor Ort mit eigenen Augen feststellen, wie beeindruckend sich die Gesundheitssituation, der Bildungsstand, insbesondere für Mädchen, und das Einkommen entwickelt haben. Wir unterstützen die Gemeinden in Ghana selbstverständlich weiter!“

Aber auch die mitgereisten AG-Mitglieder aus Hamburg, München, Erlangen, Waldshut, Düsseldorf und Berlin erlebten einen Vorher-Nachher-Effekt. Nach der Ankunft in der Projektregion Eastern hatten sie zunächst die Gemeinde Baware besucht, in der das Wasserprojekt aktuell läuft und erst zwei Tage später Mintakrom, wo es bereits abgeschlossen ist. Zwischen den beiden Besuchen nahm die Reisegruppe an einem Treffen mit lokalen NGOs, Gemeinde- vertreterinnen und -vertretern sowie einem Brunnenbauer teil, die alle in das Projekt involviert sind. Deren Vorträge zeigten vor allem, wie komplex und schwierig es ist, die Lage der Menschen in den entlegenen Gemeinden nachhaltig zu verbessern. Zunächst einmal müssen Plan-Mitarbeitenden die Gemeindemitglieder davon überzeugen, dass sie Toiletten bauen und vor allem auch bezahlen sollen. Auch die  community leaders als Gemeindevorstand müssen mitspielen. Daneben gilt es, mit Aufklärungskampagnen dem Tabuthema Menstruation zu begegnen, Probleme mit Wasserqualitäten zu lösen oder auch überzogene Preisforderungen von Fachpersonal zu bekämpfen.

Mit jedem Tag wuchs denn auch der Respekt vor den Mitarbeitenden von Plan Ghana, die so engagiert und couragiert für ein besseres Leben ihrer Landsleute, insbesondere das der Kinder, kämpfen und trotz aller Unwägbarkeiten ihre Power nicht verlieren. Gleiches gilt für die Schwestern in einer von Plan unterstützten Krankenstation in Kwamoso. Hier übernehmen sie die Versorgung von leichteren Fällen von Malaria oder Durchfall und bringen die Babys von Zweitgebärenden zur Welt. Sind Mütter erstmals schwanger, sollten sie in ein Krankenhaus gehen, erklärt die Hebamme. Kommt es in der Krankenstation zu Komplikationen, sind die Patientinnen nicht gut aufgehoben. Zwei gynäkologische Stühle, die schon bessere Zeiten gesehen haben, einige wenige Instrumente, eine alte Babywaage sowie Medikamente, viel mehr steht hier nicht zur Verfügung.

Stromausfälle, Temperaturen von 33 Grad und Luftfeuchtigkeitswerte von bis zu 97 Prozent ebenso wie Moskitoattacken hat die Ghana-Gruppe locker weggesteckt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben viel gelernt über die Arbeit von Plan und sich intensiv ausgetauscht über die AG-Projekte der anderen. Alle hatten eine gute gemeinsame Zeit, einige schon mit Sightseeing vor dem offiziellen Start der Reise, andere im Anschluss. Via WhatsApp-Gruppe blieben schließlich auch die schon Heimgekehrten auf dem Laufenden, was das Land noch zu bieten hat: neben Naturparks und originellem Sargbau, unter anderem die gigantische Müllhalde für Elektroschrott Agbogbloshie in Accra.

In bester Erinnerung werden sicher allen die Gastfreundschaft der Ghanaerinnen und Ghanaer und die Fröhlichkeit vieler Kinder bleiben. Mit zwei großen Empfängen in Baware und Mintakrom hießen die Gemeinden ihre Besucherinnen und Besucher aus Deutschland willkommen, die community leaders – eingehüllt in farbenprächtige Gewänder – hielten Dankesreden, Mädchen ebenso wie Jungen tanzten in traditioneller Kleidung und führten Sketche rund um die Themen Hygiene und Wassernutzung auf.   

 

 

Und schließlich hieß es auch in Ghana: Das Beste kommt zum Schluss. Im Plan-Büro in Accra trafe die deutsche Reisegruppe am letzten Tag mit Abigail zusammen. Die 24-Jährige hatte Plan International an ihrer Highschool über ihre Teilnahme am „Girls Making Media Club“ kennengelernt, der die Sinne der Mädchen für ihre Rechte und Chancen stärken soll. Mittlerweile hat Abigail einen Bachelor in Journalismus und an zahlreichen internationalen Konferenzen zur Stärkung der Frauenrechte teilgenommen. „Ohne Plan würde ich jetzt nicht vor Euch sitzen und den Mut haben, mit Euch zu sprechen“, sagte die junge Frau. Und erst recht nicht den Mut, mit Gleichaltrigen und Jüngeren zum Beispiel über zu frühe Schwangerschaften zu sprechen. Denn die durchkreuzen nicht selten die Träume der jungen Frauen von einem selbstbestimmten Leben.

(Text: Eli Hamacher, AG Berlin / Fotos: Plan International und E. Hamacher)

 

 

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